Entweder Griechenland werden Schulden gestrichen oder nicht. Das sind die zwei längerfristigen Alternativen über die die zuständigen Ausschüsse im Grund die letzten Tage, Wochen und Monate streiten und beraten.
Die Regierungen der Eurozone, die Europäische Zentralbank und der International Währungsfonds müssen in den nächsten Wochen endlich ihren Arsch hochbekommen und etwas machen. Irgendwie ist es schon fast egal, was sie machen wollen. Einen sicheren Plan gibt es nämlich sowieso nicht, also muss man sich am besten früher als später für einen nicht perfekten Versuch entscheiden.
Falls der Beschluss kommt, werden die Schulden um die Hälfte gestrichen, von etwa 160% auf 80% oder es wird ein noch extremerer Haircut gewählt werden. Davon erhoffen sich Ökonomen Gelder zu sparen, wenn jetzt, hoffentlich frühzeitig genug, ein Schlussstrich gezogen wird.
Alternative zwei: Kein Schuldenschnitt für Griechenland. Das heißt im Grunde, dass die Eurozone mächtig genug ist es mit den Finanzmärkten aufzunehmen, denn die Credibility der EU und des Euros zusammen mit dem IWF reicht, dass die Gläubiger – andere Länder und Finanzinstitutionen – einfach daran glauben, dass Griechenland seine Schulden immer fristgerecht tilgen kann – ob nun mit oder ohne ausländischer Hilfe. Sich darauf zu verlassen, dass das immer gut gehen wird, ist fahrlässig.
Denn das Risiko, dass die Finanzmärkte dann einfach keinen Bock mehr auf griechische Staatsanleihen haben, weil sich das Land nicht stabilisiert und es auch in einem halben Jahr, zwölf Monaten oder sogar noch weiter in der Zukunft keinen vernünftigen Haushalt haben wird, bei dem es am besten schon einen Überschuss gibt. Wenn das die Regierung nicht hinbekommt, würde das nämlich bedeuten, dass die Garantien gegenüber Griechenland immer höher werden müssten.
Ich glaube, dass die zweite Alternative ein Fass ohne Boden für Griechenland darstellt, denn ohne richtige Reformen bei den Steuergesetzen, der Korruptionsbekämpfung, der Einhaltung der Gesetze, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, dem Sozialsystem, dem Geben und Nehmen zwischen Elite und Mittelschicht, kurzum dem gesamten wirtschaftspolitischen Bereich, fallen Griechenland und seine Bürger durch das Fass hindurch. Nur wenn die Wirtschaftskraft so schnell wie möglich größer wird, besteht die Möglichkeit, dass sie stecken bleiben und sich mittel- und langfristig wieder herauskämpfen können.
Ein Schuldenerlass, bei dem sich gleichzeitig die Gläubiger beteiligen müssen, soll Geld sparen, das aber zum Teil wieder im Land investiert werden soll. Dazu braucht es ein Instrument, wie den „Marshall-Plan“ für Griechenland: Ein Topf, aus dem die notwenigen Reformen bezahlt werden sollen. Denn weniger Schulden biegen sich nicht automatisch die ganzen Bereiche um, die nicht mehr zu gebrauchen sind. Denn weniger Schulden bedeuten nicht mehr Exporte, das das Leistungsbilanzdefizit verbessern würde. Das bedeutet, dass der Staat gegen die Wand fahren wird, und mit ihm die Eurozone, wenn nicht gar die Europäische Union.
Im Moment spart sich das Land noch kränker als es sowieso schon ist. Sparen geht durch zweierlei: Einnahmen steigern und Ausgaben senken. Letzteres macht die griechische Regierung inzwischen hardcore. Die Einnahmen kann sie nicht steigern, denn das bedarf höherer Wirtschaftsaktivität, die aber gerade durch die Einsparungen noch weiter als sowieso schon abgeschnürt werden. Niedrigere Einkommen und Renten bedeuten beispielsweise auch weniger Konsum, den sich die Bevölkerung nicht mehr leisten kann, also weniger Nachfrage, also geringes Angebot, also weniger Arbeitnehmer, also weniger Einkommen für die Angestellten der Privatunternehmen.
Wichtig sind neben Reformen als auch Konjunturprogramme „to jump-start the economy„. Das kostet natürlich Geld, bei dem sich die Trias noch einmal zusammenraufen müsste. Aber lieber nur mehr einmal, als immer und immer wieder.
Ich hätte dann aber gerne einen anderen Namen, denn „Marshall-Plan“ trifft es sprachlich nicht wirklich, sachlich jedoch in das Bull’s Eye: Hilfe von außen, um Europa zu erhalten. Aber beim „European Recovery Program“, wie der nach General Marshall genannte Plan, offiziell hieß, ging es vor allem um Güterlieferungen: Nahrungsmittel und Care-Pakete für die deutsche Bevölkerung. Natürlich gab es auch Kredite, um die das wirtschaftliche Leben wieder anzukurbeln. Aber zwischen einem Deutschland nach der „Stunde Null“ und einem Griechenland, das Mitglied der Europäischen Union ist, gibt es doch noch einen Unterschied, nicht wahr? Um Krieg und Frieden geht es heute auch nicht.
Der Marshall-Plan war nicht auf ein Land begrenzt, in Griechenland sollte es das aber erst mal bleiben, solange es geht zumindest. Doch ich glaube, das wird sich nicht allzu lange durchsetzen lassen. Irland und Portugal könnten solche Hilfe wollen. Bei allen anderen Ländern wie Spanien oder Italien wäre es in meinen Augen „moral hazard“ (wobei ich eh nicht glaube, dass es im Interesse dieser Regierungen ist, eine solche drastische Hilfe, die im Gegenzug die fiskalische Unabhängigkeit der Länder einfordern wird).
Zurück zur Bezeichnung: Jemanden zu finden, der seinen Namen für solche Reformen hergibt, wird aber zumindest in Deutschland nicht leicht zu finden sein. Peter Hartz hat ja in Deutschland das gleiche Schicksal wie die Kevins und Chantals ereilt.