Der Bus steht an der Albertstraße, dem Busbahnhof in Regensburg, schon wieder seit Minuten, die viel zu langsam vergingen als eine Gruppe Jugendlicher in den Bus stieg. Sechs, sieben angetrunkene junge Männer, Flasche Schnaps in der Hand und gut drauf. Sie visieren schnell den Typen vor mir, der in seiner blauen Trainingsjacke und dem weißen Adidas-Cappi, das er verkehrt herum trägt, vor mir sitzt. Er wippt zu schneller Musik oder zittert, aber nicht so als ob er friert, langsamer.
“Ey, Shadow”, schrie einer und die anderen echoten den Ruf nach. “Ey, Shadow”, nochmal. “Du bist scheiße“: “Schämst du dich gar nicht”. Ich konnte die Aussagen keinem zuordnen. Immer wieder glucksen vom betrunkenen Lachen. Als einer der Jungs “X-Factor war scheiße” sagt, beginne ich die Sache zu durchblicken. Diese Casting-Show auf VOX, von dem an der Eisernen Brücke so ein großes Plakat steht. Sarah Conner, die Sängerin, das Bo, der Rapper, und Till Brönner, der Trompeter, stellen die Jury. Im Bus ist es laut, die Mann, der sich gegenüber eine Zigarette dreht, findet es auch spannend. Die Typen gehen Shadow dann auch körperlich an, irgendwann steht er sogar auf, um die Tätscheleien abzuwehren. Ich krächzte ein “Hört doch auf”, doch niemand hört (auf) mich.
“Ey, das war aber unfair”, Shadow beginnt sich doch zu verteidigen. “Das Bo hat mich voll gedisst, aber das haben sie rausgeschnitten“.
“Sag mal ehrlich”, einer der Jungs, lehnt sich über die Halterung vor Shadow und grinst: “Sag mal ehrlich, die Sarah Conner, die ist doch schon ne Schlampe, oder?” Sofort konnte man an Shadows Körpersprache Zustimmung ablesen. “Ja, da stehst du vor denen und die war gleich total voreingenommen. Das stehst du auf der Bühne und die sind gleich gegen dich. Aber ich sag’s euch: DSDS 2012!” Alle lachen. Ich habe inzwischen meine Ohrstöpsel herausgenommen. Es war richtig unterhaltsam, die Gefahrensituation war abgewandt, alle entspannten und Shadow genoss es im Mittelpunkt zu stehen. “DSDS 2012!” Er gröhlt noch ein bisschen, die anderen auch.
Es wird ein bisschen ruhiger im Bus und ein junger Mann, ich glaube der, der vorher wissen wollte, ob Sarah Conner eine Schlampe ist, nimmt ihn sich zur Brust. “Mach weiter Kumpel, wirklich mach weiter. Du hast es drauf!”, andere stimmen ein ein. “Ich weiß, dass ich es drauf hab. DSDS 2012, Kumpel.”
“Du machst halt was neues”, war das Stichwort für Shadow. Er fing an zu rappen. Voll schnell. Ich überliege. Video? Oder nicht? Ich überlege lange, fingere dann schließlich an meinem Apple-Produkt herum und suche die Videofunktion.
“Ey, filmst du mich? Nee, das geht nicht. Nee, weg damit, lösch das. Nicht von hinten, nicht den Hinterkopf. Wart’, ich dreh mich um.“ (Und einer wollte nicht auf dem Video zu sehen sein). Also neue Kameraeinstellung. Shadow dreht sich um und legt nochmal los:
“Stellst du das auf ‘Tube?”, fragt mich einer, der inzwischen neben mir saß. ”Klar”, Faust drauf. “Ich will das nämlich liken,”
Meine Damen und Herren, die Hintergründe zu all der Aufregung: Shadow Storm bei X-Factor. Heute hat er das gleiche an. So schlecht wie die Jury tut, war er ja gar nicht, Sarah Conner fand nämlich, dass er den schlechtesten Auftritt ever bei der Sendung hingelegt hat. Lol, Wiener Schmäh. “Ich glaub, ich kann Englisch rappen, du nicht”, gab Shadow Storm später das Bo noch mit. Uh, schön mit Dissen zum Schluss, gar das Wort “Krieg” wird in den Mund genommen.