Dass Studenten gerne saufen, weiß man nicht erst seit gestern. So sagt der Arzt Leopold Loewenfeld bei einer Rede mit dem Titel „Student und Alkohol“ im Jahr 1910:
Das Biertrinken bildet ein Attribut des Studententums; es gehört gewissermaßen zum Wesen des Studentseins. Der richtige Student trinkt Bier, und wenn er dabei auch gelegentlich über die Schnur haut, so ist dies von gar keiner Bedeutung. Diese Ansicht, so große Verbreitung sie auch noch derzeit besitzt, ist für den nüchtern Denkenden keineswegs ohne Weiteres verständlich. Die Assoziation von Studentsein und Biertrinken ist ja in der Natur der Sache nicht begründet, so daß sie Jedermann einleuchten müßte. Wir wissen, daß bei uns die schwer arbeitenden Klassen das Biertrinken für nötig halten, weil sie den irrtümlichen Glauben hegen, daß sie hierdurch allein die für ihre Arbeit nötige Kraft erlangen können. Wir wissen auch, daß gewisse Berufsarten, z. B. die des Gastwirtes, des Weinhändlers, den Genuß geistiger Getränke sozusagen mit sich bringen. Von etwas derartigem ist bei dem Studenten 4keine Rede. Es kann niemand behaupten, daß die berufliche Tätigkeit des Studenten, das Studium, besonderen Durst oder überhaupt einen Körperzustand hervorruft, der das Biertrinken nötig macht, oder daß letzteres die geistige Leistungsfähigkeit erhöht und damit das Studieren erleichtert. Man weiß zur Genüge, daß das Gegenteil der Fall ist. Die Assoziation von Studentsein und Biertrinken läßt sich auch nicht auf die Ansicht zurückführen, daß der Student als junger Mann Anspruch auf einen gewissen Lebensgenuß hat und ein solcher ohne Bierkonsum nicht möglich ist.
Am Montag fahr ich zur Wiesn.