Lass uns spielen

Ein paar Minuten nachdem ich die kaffeegetränkten Karteikarten zur Spieltheorie zusammen mit den Vorlesungsskript und den gelösten Übungsaufgaben in einem roten Ordner verstaut habe, begegnet mir zwei Tage nach der Klausur die Spieltheorie schon wieder. Frank Schirrmacher, prominenter Herausgeber der FAZ, hat ein Buch geschrieben. In „Ego“ behandelt er den Kapitalismus in Zeiten der Digitalisierung, der sich den Maximen der Spieltheorie verschrieben hat. Spieltheorie hat nichts mit Lego zu tun, eher schon mit „Schick,  Schnack, Schnuck“, der strategischen Interaktion zwischen zwei oder mehr Spielerin, die unter der Anforderung der Rationalität handeln.

Nun ist die Frankfurter Allgemeine Zeitung nun nicht gerade als Kritikerin der neoliberalen Wirtschaftsordnung, umso verwunderlicher ist ein solches Buch aus diesem Dunstkreis. In der SZ wird es recht positiv besprochen:

„Im Zentrum (des Buches) steht die Spieltheorie. (…) Denn unbestreitbar ist, dass spieltheoretische Prinzipien heute so gut wie allen avancierten mathematischen Programmen zugrundeliegen, die von Investoren, Banken, Brokern und Unternehmen in direkten Konkurrenzsituationen angewendet werden. Und das hat in der Tat nicht zu überschätzende gesellschaftliche Folgen, die in dem harmlosen Begriff „Spieltheorie“ so verborgen sind wie der biblische Wolf im Schafspelz.“

Entscheidend ist, dass diese Theorie Entscheidungskämpfe zwischen Rivalen mathematisch durchspielt, indem sie für jeden „Mitspieler“ alle strategischen Optionen, Gewinnchancen und Risiken quantitativ ausformuliert und berechnet. Die einzige Unterstellung lautet, dass jeder „Spieler“ nur sein Eigeninteresse verfolgt: rational, ungerührt, auf Selbstmaximierung bedacht. Hauptanwendungsfälle sind Konkurrenzen in „nicht-kooperativen“ Konstellationen, vor allem in solchen, in denen man sich gegenseitig auch nicht in die Karten schauen kann – eben wie beim Gegeneinander im Kalten Krieg, aber auch wie in Wetten auf dem Finanzmarkt, beim Derivatenhandel zwischen Tradern oder bei der feindlichen Übernahme eines Unternehmens.

Das Buch steht auf Platz 1 meiner Leseliste für die Ferien.

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